Indien Teil 3

über die Deadliest Road of the World

Die Strecke die ich auf Empfehlung hin von Naveen unter die Räder nehme weiß sofort zu gefallen.  Kaum Verkehr, kaum Tourismus, tolle Landschaft und nette Leute!

Ich erreiche ein tibetisches Kloster. Nur ein Mönch, Drukpa, verrichtet hier seinen Dienst. Er lädt mich sofort zum Übernachten und Essen ein. Diskussion zwecklos, aber ich nehme auch sehr gerne an! Ich komme mit einer Gruppe Besucher ins Gespräch. Dabei erfahre ich das dieses Kloster zwar klein, aber keinesfalls unbedeutend ist. Viele indische Tibeter versuchen mindestens einmal in ihrem Leben hier zu beten.

Ich treffe eine Dame die als Übersetzerin für keinen Geringeren als den aktuellen Dalai Lama arbeitet. Wir unterhalten uns einige Zeit über „His Holiness“, wie er von den Tibetern genannt wird und den auch ich als Persönlichkeit sehr schätze.

Vom Kloster aus mache ich einen Abstecher ins Miyar Valley. Eine spektakuläre Straße entlang steilaufragender Bergwände.

Am Ende der langen „Einbahnstraße“ angekommen finde ich ein Zelt. Ein paar Männer „zocken“ hier ein Würfelspiel um Geld. Ich geselle mich dazu und später am Abendfließt noch guter selbst-gebrannter Schnaps. Am nächsten Morgenbekomme ich noch ein Frühstück und trete meinen Rückweg zur Hauptroute an

 

Die Straße entlang des Chanab Flußes wird immer enger. Links der Fluß und rechts die Steilwände.

Wo finde ich hier ein Platz für mein Zelt? Meistens Fehlanzeige! Aber bekanntlich ist schließlich Platz in der kleinsten Hütte. Ich campe in kleinen Ausbuchtungen entlang der Straße. Zwischen mir und den Autos passen nur wenige Zentimeter. Zum Glück ist der Verkehr aber äußerst gering.

Mit dem Vergnügen ist es dann jedoch vorbei. Es fängt an zu schütten und hört die nächsten Tage auch nicht mehr auf. Die Straße gleicht streckenweise nur noch einem Bachlauf.

Schlimmer sind aber die matschigen Abschnitte. Oft komme ich nur langsam voran weil der Untergrund extrem rutschig ist. Ein Motorradfahrer, der mich auf einer schweren Royal Enfield überholt wird dieser Schmierfilm zum Verhängnis. Er legt sich direkt vor mir filmreif auf den Pinsel. Zum Glück bleibt er unverletzt.

In Killar komme ich mal wieder komplett durchgenässt an. Zum Glück spricht mich Narinda an. Er und seine Eltern laden mich zu einem fantastischen Essen mit vielen lokalen Spezialitäten ein. Das Highlight sind frische Pilze die Narinder am Vortrag gesammelt hat und die nur in der dieser Region der Welt wachsen.

Narinda hat etwas Sorge um mich für den kommenden Streckenabschnitt. „Wenn es so weiter regnet bleibelieber ein paar Tage hier. Du wirst es dann kaum schaffen. Du kannst solange umsonst hier wohnen“ Nur wie lange regnet es noch? Internet gibt es in Killar nicht. Narinder ruft eine Frau in Delhi an um die Wetteraussichten zu erfragen. Am Ende gibt es Entwarnung. Der Regen soll am kommenden Tag erst einmal stoppen. Ich mache mich auf den Weg!

Das Narinada’s Sorge nicht ganz unbegründet war merke ich sofort. Die Strecke geht des Öfteren brutal steil hinunter zum Fluß um danach wieder genau so steil für etliche Kilometer nach oben zu klettern.

Aufgrund der Regenfälle ist es so matschig das ich stundenlang schieben muss. Aber zum Glückregnet es nicht mehr weiter!

Die Grenze zum Bundesstaat Jammu Kaschmir überquere in einer dieser total abgeschiedenen Senken im Nichts. Trotzdem gibt es hier natürlich eine Polizeistation. Die Polizisten gucken mich an als wäre ich ein Alien, trotzdem muss ich mich wieder registrieren.

Nach einigen Tagen komme ich dann völlig erschöpft am, vom Naveen versprochenen, Highlight an. Ich blicke hinab auf die „Deadliest Road of the World“. Der Name ist die indische Anspielung auf die berühmte „Road of Death – Straße des Todes“ in Bolivien, die ich einige Jahre zuvor mit Matthias hinunterfahren durfte. Hier der Bericht dazu.

Ihr Counterpart in Indien ist ähnlich spektakulär – ein Meisterwerk der Straßenbaukunst. Die in den Berg gesprengte Fahrbahn reicht geradeso für ein Auto, links geht es mehrere hundert Meter ungesichert in die Tiefe.

Mit dem Rad natürlich alles kein Problem, mit dem Auto wollte ich sie allerdings nicht fahren wollen. Bei Gegenverkehr muss ein Auto lange am Abgrund rückwärts manövrieren.

Auch danach bleibt die Landschaft spektakulär. Die Zeltplätze sind ganz nach meinem Geschmack. Einfach geniale Gegend hier!

Kurz vor Kistwar erreiche ich dann einen großen Militärcheckpoint. Die Besatzung ist sichtlich überfordert mit dem Radtouristen aus Deutschland.  Sie können einfach nicht verstehen was ich hier will und wo ich her komme. Es werden Bilder von mir und dem Rad gemacht und ich muss sogar mit dem obersten Kommandanten telefonieren.

Aber irgendwann bekomme ich die Freigabe. Ich rolle, nach meinen Erfahrungen in Srinagar, mit einem etwas mulmigen Gefühl hinab ins muslimische Kistwar!

Meine Sorge ist völlig unbegründet. Wenn ich stoppe bildet sich eine Menschentraube, die Menschen sind verwundert, neugierig und nett!

In Kistwar’s Zentrum komme ich mit einer Gruppe junger Männer ins Gespräch. Minhaj ruft seine Eltern an und fragt mich danach ob ich bei Ihnen übernachten möchte. So lerne ich kurze Zeit später seine Familie um Vater Bashir und Mutter Hanifa kennen.

Gegessen wird erst nachdem die Sonne untergegangen ist, es ist immer noch Ramadan. Am Abend erzählen sie mir das in 3 Tagen ein Riesenfest stattfindet und das sie mich gerne dabei haben wollen.

Es ist das „EidMubarak” Fest, das Ende der Ramadan Fastenzeit. Die Gelegenheit so ein Fest mit Kreise einer Familie mitzuerleben lasse ich mir selbstverständlich nicht entgehen. Bis zum Fest habe ich 2 Tage Ruhe, die ersten seitmeinem Start in Leh.

Die Anspannung der Strecke und den Gegebenheiten zu trotzen lässt schlagartig nach. Mein Adrenalinpegel fällt auf Normalniveau. Für meinen Körper die Gelegenheit mir zu sagen wie er die letzten Wochen empfunden hat.  Mein Kreislauf kollabiert, ich bekomme Fieber. Alle machen sich Sorgen, dass ich das große Fest nun krank im Bett „feiern“ werde.

Aber passend zum großen „Fressen“ bin ich wieder fit. Minhaj und seine Freunde nehmen mich zunächst mit – wir ziehen von Haus zu Haus. Überall gibt es was zu Essen. Immer nur probieren heißt die Strategie, erläutert mir Taufeeq, einer von Minhaj’s besten Freunden. Es hagelt Einladungen zum abendlichen Hauptessen, aber das möchte ich natürlich mit „meiner“ Familie verbringen.

Weiter geht es ins Stadtzentrum. Dort gibt es eine riesige Grünfläche, mehrere Fußballfelder groß.Tausende Muslime kommen hier zusammen um gemeinsam zu beten. Ein gewaltiges Schauspiel. Die Situation im Kaschmir wirft aber auch hier ihren Schatten über die Zeremonie – ich sehe viele indische Soldaten die schwerbewaffnet die Situation beobachten.

Ich bin weit und breit der einzige Westler, eine Art Attraktion. Wo wir auch hingehen, wir sind umringt von Menschen. Alle wollen mit mir reden und Selfies machen. Meine Freunde aber wissen wann bzw. bei welchen Leuten es besser ist weiterzugehen. Zum Abschluss geht es noch zu einem Schrein. Hier singen alle zusammen mit Inbrunst eine islamische Hymne. Ich merke den ganzen Tag über, welchen hohen Stellenwert die Religion hier hat.

Das eigentliche Festtessen kommt dann Abends bei uns zuhause. Hanifa selbst hat 7 verschiedene Fleischgerichte dafür zubereitet. Dafür ist sie schon nachts um 3 Uhr aufgestanden. Am nächsten Tag heißt es Abschied nehmen von dieser gastfreundlichen und herzlichen Familie.

Sie haben mir einen tollen und intensiven Einblick in die islamische Kultur und Religion gegeben den ich nicht vergessen werde.

Mein Wegführt mich weiter in das abgelegene Bergdorf Mantalai. Auf dem Weg bekomme ich nach der muslimischen nun auch wieder die hinduistische Gastfreundschaft zu spüren. Surya lädt mich zu sich nach Hause ein. Das morgendliche Frühstück ist ein Highlight. Das Roti wird noch ganz traditionell über dem Feuer gebacken…es schmeckt grandios. 

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