Übers Reisen

warum ich so gerne mit Rad, Zelt und Kocher reise

Warum fahre ich immer wieder los? Und meistens mit dem Rad? Hier die Gründe die mich immer wieder dazu bewegt haben dieses etwas ungewöhnliche Leben zu führen. 

Die Ungewissheit

Es ist immer wieder spannend sich treiben zu lassen….welche Leute werde ich treffen, was werde ich essen, welche Überraschungen hat der Tag für mich parat, welche Orte werde ich durchfahren, wo werde ich die Nacht schlafen? Die Fahrt ins „Ungewisse“ ist für mich immer besonders spannend und reizvoll und wahrscheinlich auch einer Hauptgründe warum ich das Reisen in dieser Art und Weise so mag.

Das Campieren

Ich liebe es irgendwo in der Natur wild zu campieren und zu kochen, dabei die Ruhe und die Natur zu genießen. Aber manchmal ist es auch interessant mitten in der Stadt zu schlafen (unter Brücken, auf Parkbänken, in Tiefgeragen, usw usw) oder einfach auf gut Glück bei Leuten zu fragen. Manchmal fahre ich auch einfach in die Nacht hinein und lasse es auf mein Glück ankommen wo ich was zum schlafen finde. 

Spontaneinladungen von Leuten sind natürlich auch immer etwas ganz besonderes, immer erlebnisreich und oft sehr herzlich!  

So habe ich über die Jahre tausende von verschiedenen Schlafplätzen gehabt, nicht jeder ist komfortabel aber fast jeder ist spannend und/oder interessant gewesen. 

Die Begegnungen mit den Menschen 

Auf meinen Reisen hatte ich so oftmals beides….zum einen das Naturerlebnis, aber auch tolle Begegnungen mit Menschen. Ich möchte beides nicht missen. Verschiedene Landschaftsformen, verschiedene Kulturen/Menschen, verschiedene Lebensmodelle, verschiedene Küchen kennenzulernen hat schon fast einen Suchtfaktor für mich. 

Das Rad fungiert auch oft als Türöffner und ich bin sehr froh darüber. Ich hatte das Glück viele tolle, herzliche Menschen in allen Gegenden, wo ich bisher unterwegs war kennen zulernen. 

Weniger ist mehr – Das einfache leben unterwegs

Ich liebe es unterwegs zu sein und kann dem einfachen Leben sehr viel abgewinnen. Wenige Dinge, wenig „Luxus“…..kurz gesagt: „Weniger ist mehr“  Für mich gilt diese Formel in der Tat und führt zu viel Lebensfreude und Zufriedenheit.  Ein Rad, etwas zum schlafen, etwas zum kochen, ein paar Sachen zum anziehen und zum reparieren und, zugegebenermaßen, ein Laptop/Smartphone und Kamera – viel mehr habe ich ja nicht dabei und das macht mich frei und glücklich.

Ich glaube auch das Reisen mit „weniger Geld“ einfach viel interessanter und erlebnisreicher ist als eine Reise mit Geld. Obwohl ich das freilich nur von einer Seite beurteilen kann 

 Aber: Wie oft hätte ich wahrscheinlich unter Umständen einfach eine Pension genommen (weil es z.b seit Tagen einfach nur am regnen war)  wenn es finanziell keine Rolle gespielt hätte? Ich habe es nicht weil ich es nicht konnte und/oder wollte und gerade in diesen Momente hatte ich oft tolle Erlebnisse. Leute die einen dann einladen und mit denen man einfach nur eine tolle Zeit hat, oder das Gefühl wenn nach Tagen die Sonne wieder zum Vorschein kommt und man sich und seine Sachen alle wieder trocken bekommt….unbezahlbare Momente zumindest für mich. 

Der Natur ausgesetzt

Das Rad macht es möglich auch abgelegene Landschaften gut zu erreichen. Natürlich kommt man „wandernd“ noch weiter hinaus, aber mit dem Rad ist schon einiges machbar, insbesondere wenn man auch mal schiebt oder trägt.  Einige Wanderrouten sind so auch mit dem Reiserad machbar.

Der Natur ausgesetzt zu sein (mir Rad und Zelt kann man halt nicht eben mal wegfahren von „schlechtem“ Wetter oder in ein Haus gehen) also quasi mit der Natur zu leben gefällt mir sehr, auch wenn man dabei natürlich nicht nur „gemütliche“ Momente erlebt. Aber das macht ja eben gerade den Reiz aus.  Daher war ich bisher immer froh, 1. keinen Motor zu haben und 2. kein festes Dach über den Kopf dabei zu haben. Reisen mit z.b einem Wohnmobil hatte bisher daher  für mich persönlich nie einen echten Reiz. 

Ich bin ein Landschafts/Natur Freak. Ich weiß gar nicht so recht welche Landschaften mich am meisten fasziniert haben. Die großen Wüsten sind unheimlich reizvoll, aber auch die Berge liebe ich. Eine besondere Vorliebe habe ich auch für Winterlandschaften, daher auch meine vielen Reisen im Winter in Lappland.  Mein Zelt irgendwo in der stillen Natur aufzubauen wird mir wohl bis an mein Lebensende gefallen. 

Die phy­sische Komponente

Natürlich reizt es mich auch nur mit eigener Muskelkraft unterwegs zu sein. Die tägliche körperliche Belastung macht halt einfach zufrieden, ich denke das kennt jeder.  Abends kaputt zu sein und Hunger zu haben, was gibt es besseres? Außerdem ist das Reisetempo, dass man mit seiner eigenen Kraft erreichen kann extrem angenehm. Man kommt vorwärts aber man kann die Umgebung gut und eindrücklich wahrnehmen. 

Ein sehr positiver Nebeneffekt ist selbstverständlich, dass man  CO2 neutral unterwegs ist.

Allerdings bin ich zu einigen der Übersee Reisen mit dem Flieger angereist, sodass ich garantiert, in Kombination mit dem Umstand das ich im Wohlstandsland Deutschland lebe,  zu der Gruppe der größten Klimakiller der Erde gehöre. Da kann mich kein Fahrradgefahre mehr von befreien. Das ist mir durchaus sehr bewusst. Trotzdem versuche ich mit meinem alltäglichen Leben (die Klassiker halt: Reduzierung von Konsum, regionale Produkte, kein/sehr wenig Fleisch, Wege per Rad oder Öffis, etc etc) immer einen kleinen Schritt verantwortungsbewusster zu werden bzw. zu leben. 

Die mentale Komponente 

Über die vielen tollen Momente braucht man kaum zu schreiben. Die sind toll. Punkt.

Es gibt in der Tat aber auch viele „schlechte“ Momente auf Tour. Momente in denen man einfach keinen Bock mehr hat, Momente die einen körperlich oder mental überfordern, Momente wenn man irgendwo in der Fremde krank ist und eigentlich nur zuhause im Bett liegen möchte und von der Familie betüddelt werden will, Momente in denen man sich verloren vorkommt, Momente in denen man Angst oder Respekt vor der Situation hat, Momente wenn man von zuhause Bilder von Aktivitäten bekommt bei denen man so gerne dabei sein möchte und auch Momente in denen man sich einsam fühlt (bei langen Solotouren)

Wahrscheinlich muss man ein wenig sadistisch veranlagt sein um diese Momente auch bewusst zu suchen. Aber für mich machen eben auch gerade diese Momente und das Überstehen dieser Situationen den Reiz aus. Ich würde es vielleicht so formulieren: Es sind „positive“ schlechte Momente. Und ganz wichtig: Die tollen Momente werden dadurch noch toller 

Money, Money, Money

Um lange mit dem Rad und Zelt zu reisen braucht man nicht viel Geld. Die Frage „wie finanzierst du denn eine so lange Reise“ ist (und das finde ich in der Tat immer etwas traurig) oft die erste, teilweise die einzige und anscheinend die interessanteste und wichtigste Frage vieler Menschen in Deutschland. Da ich die Erfahrung gemacht habe das sehr viele Menschen sich tatsächlich gar nicht vorstellen können wie man unterwegs sehr billig leben kann hier dazu eine kurze Erklärung.  

Auf Reisen benötige ich viel viel weniger als daheim weil man kaum Ausgaben hat. Für Übernachtungen zahle ich nur in ganz seltenen Ausnahmefällen. Der größte Posten sind die Lebensmittel. Aber wenn man meistens selber kocht und nicht essen geht hält auch das sich in Grenzen.  Ab und zu hat man noch Transportkosten, aber wenn man wenig fliegt halten auch die sich im Rahmen! Ein Busfahrt in Bolivien oder eine Zugfahrt in Indien? Finanziell kaum der Rede wert. Mit ca 200 Euro/Monat (plus minus je nach Land) kann man so reisen.  Natürlich verzichtet man dann auf eine ganze Menge „Komfort“ (und das nicht nur ausnahmsweise mal sondern eben dauerhaft als Alltagsmodell)  aber das ist ja auch gerade gewollt und ich finde das eher positiv als negativ. Es ist also mit ein wenig Ersparten gut finanzierbar, zumindest wenn man bei der großen Geburtslotterie das Los „Deutschland“ gezogen hat. Natürlich ist dieser Lebensstil des Reisens ein totaler Luxus global betrachtet. Für die allermeisten Menschen in der Welt wäre es schlicht unmöglich so zu leben, selbst wenn sie es denn wollten. 

Die Frage nach dem Sinn des Reisens

Ab und zu kommt mir schon die Frage der Sinnhaftigkeit dieses Reisens . Ist mein Reisen einfach nur ausschließlich egoistisches Verhalten um mir mein Leben persönlich so schön wie möglich zu machen oder trage ich damit was zum gesellschaftlichen Leben bei? Selbstverständlich kann ich den „gesellschaftlichen Nutzen“ meines Daseins und Tuns nicht mit z.b einer Erzieherin oder eines Altenpflegers (um nur nur mal 2 Beispiele zu nennen) vergleichen. Trotzdem glaube ich mittlerweile, dass ich durch meine Reisen zumindest auch einen kleinen „positiven“ Nutzen für die Gesellschafft bzw. der Welt insgesamt erbringe.  Und dabei geht es insbesondere um die Völkerverständigung.  Deutschland hat trotz unserer kriegerischen und teils sehr unrühmlichen Vergangenheit einen, was mich zumindest immer wieder verwundert, erstaunlich guten Ruf in der Welt.  Trotzdem gibt es aber natürlich auch Ausnahmen. Wie oft habe ich es mittlerweile erlebt, dass Leute mir nach einem längeren Zusammensein erzählt haben, dass die nun ein anderes, positiveres Bild von Deutschland oder „den Deutschen“ oder von Europa haben.  Menschen die mir mit feuchten Augen erzählen, dass sich unsere Großvater im Krieg gegenüberstanden haben und das sie stolz und froh sind, dass jetzt hier gerade jemand aus Deutschland in Freundschaft und Frieden zu Besuch ist.  Wie oft waren Leute interessiert mit mir zu sprechen weil die teilweise noch nie in ihrem Leben jemanden aus Europa getroffen haben. Insbesondere dann kann man Vorurteilen aus den Weg räumen.  Ich glaube schon das durch diese kleinen Schritten des „besser verstehens“ die Menschen unterschiedlicher Kulturen wieder näher aneinander kommen können.  Etwas das wir wahrlich brauchen! Vorurteile gibt es ja überall, und natürlich auch hier in Deutschland. „Dort fährst du mit dem Fahrrad rum, da ist es doch gefährlich“ ist ein Spruch den ich oft gehört habe. Auch hier entsteht oft durch Medien, Politikberichterstattung oder durch jahrzehntealte Vorurteile ein falsches Bild von anderen Ländern/Kulturen/Menschen/Ländern.  Es ist teilweise schon sehr erstaunlich wie weit die öffentliche Wahrnehmung in Deutschland von meiner dann wirklich gelebten Erfahrung mit den „normalen“ Menschen abweicht.  Wenn ich ein wenig dazu beitragen kann diese Vorurteile zu beseitigen hat das durchaus einen Wert – hoffe ich zumindest 

Warum diese Seite 

Einige fragen sich sicherlich warum ich hier bei all dem Überfluß im Netz auch noch meine Berichte/Bilder darbieten muss? Ist es die reine Selbstdarstellung?  Ich glaube bzw. hoffe es nicht. 

Ich muss zugeben, dass ich selber ab und zu gerne Reiseberichte im Netz lese und mir gerne Inspirationen hole. Ich weiß z.b nicht ob ich mir meine erste Solo Wintertour  getraut hätte, wenn ich nicht im Netz auf die Berichte von bike nord gestoßen wäre, die gezeigt hatten das so eine Radreise bei bis zu minus 40 Grad minus im Schnee möglich ist. Damals war es schon eine wirkliche Überwindung für mich, diese Tour alleine (dafür war es schlicht unmöglich einen Reisepartner zu finden) zu starten. Es hat sich voll gelohnt, es war einfach nur traumhaft. Den „Mut“ zu haben los zufahren ist ja ohnehin immer der größte Schritt. Wenn man erstmal auf Tour ist, sind fast alle Probleme lösbar.

Daher: Vielleicht kann ich ja bei dem ein oder anderen durch diese Seite dazu beitragen, dass der „Mut“ loszufahren größer wird. Dann hat sich diese Seite ja schon gelohnt!

Zum anderen ist es natürlich eine nette Möglichkeit Freunde und Familie und alle die sich für so eine Tour interessieren unkompliziert etwas teil haben zu lassen. Im Endeffekt ist diese Seite mangels Reichweite/Werbung auch „nur“ das. 

Aber natürlich sehe ich auch die Nachteile die diese ganze Berichterei im Netz und in den sozialen Medien mit sich bringt bzw mit sich bringen kann.  Man kann mittlerweile viele Orte/Strecken recherchieren, überall sieht man Bilder von allen möglichen Gegenden der Welt, einige Strecken werden zu echten Hotspots (sowas wie der Pamir Hwy), in den sozialen Medien entwickelt sich teilweise eine Überbietungs und Neidkultur. Man könnte sogar sagen es ist unnötige Energieverschwendung durch die Servernutzung. 

Ja das sind alles Nachteile, aber es gibt auch die positiven Aspekte die ich versucht habe oben zu beschreiben. Da ihr zu der Handvoll gehört die sich hier hin verirrt habt, seht ihr wahrscheinlich auch eher die Vorteile als die Nachteile. Aber jedem der mehr die Nachteile sieht kann ich nur sagen, dass ich die Argumentation sehr gut nachvollziehen kann. Trotzdem habe ich diese Seite gemacht und ich hoffe, dass viele der Nachteile auf meiner Seite  zumindest nicht so stark „gefördert“ werden. 

Reisen im Wandel der Zeit

Ich treffe immer wieder alte Haudegen die dann behaupten, das nur das Reisen früher „echt“ und „abenteuerlich“ war

Ich selber bin mal mit dem Radreisen angefangen (Reisen die hier nicht beschrieben werden) als es noch kein Internet gab. Keine Recherche außer in Büchern, keine „einfache“ oder zeitnahe Kommunikation auf Tour mit Familie/Freunden oder gar der „Welt“, kein GPS sondern „grobe Papierkarten, verfahren, nach dem Weg fragen und nochmal verfahren“, kein ewiges Fotografieren oder gar Filmen.

War das aufregender bzw. „abenteuerlicher“ ? Ja wahrscheinlich schon ein wenig .

Aber war alles besser und kann man heutzutage keine interessanten und aufregenden Touren mehr machen? Eindeutig nein! 

Beides hat seine Vor und Nachteile gehabt. 

Wie oben beschrieben recherchiere ich ganz gerne vor Touren im Netz nach Regionen/Strecken, etc. Selbstverständlich geht dadurch ein wenig der Reiz des komplett unbekannten verloren (was ich früher auf den Touren „mehr“ hatte) aber anderseits finde ich tolle Strecken die ich ohne Recherche wahrscheinlich nur durch viel Glück vor Ort gefunden hätte. Von daher mir fällt es schwer klar zu sagen was besser war/ist. 

Das die Kommunikation mit den Daheimgebliebenen soviel einfacher geworden ist, ist zumindest für mich ein klarer Vorteil. Ich weiß nicht ob ich soviel unterwegs wäre wenn ich, so wie früher, immer nur mit Glück ab und zu mal zuhause anrufen könnte. Dafür ist mir der Kontakt mit den Daheimgebliebenen viel zu wichtig. Daher hat das Internet das lange Reisen für mich wohl erst so richtig möglich gemacht. 

Bilder, Bilder, Bilder

Zu guter Letzt die Frage: Muss man denn ständig so viele Bilder machen und die online stellen?

Nein natürlich nicht. Und jeder der so eine Tour schon mal gemacht hat weiß glaube ich das viele oder eigentlich sogar die meisten der tollen und eindrucksvollen Momente auch gar nicht auf Bilder festgehalten werden. So ein Tour lebt zum Großteil von den kleinen Momenten die ohnehin nicht wiedergegeben werden können. Ein Grund warum ich jedem, auch wenn er meint das er ja eh schon im Netz auf Bilder alles gesehen hat, eine eigene Tourerfahrung nur empfehlen kann.  

Warum also die vielen Bilder? Einfach weil es Spaß macht die zu machen, also quasi ein Hobby ist. Nicht mehr und nicht weniger.

Habe ich schon Bilder online gestellt die ich mir heute angucke und denke: „Das Bild ist aber affig!“ Natürlich! Viele sogar. Viele Bilder sind ja quasi auch „gestellt“ und „inszeniert“, einfach  weil ich ein, für mich, damals schönes Bild machen wollte oder ein Bild machen wollte was mein derzeitigen Gefühlszustand einigermaßen gut wiedergeben soll. 

Fahrt los

Wie oben gesagt: Die Erfahrungen, die Momente, die Gefühle auf einer Tour kann ohnehin kein Bild (bzw in der heutigen Zeit eher kein Video) der Welt ansatzweise wiedergeben. Daher wünsche ich jedem es selber zu „er-fahren“ 

In dem Sinne soll dies dann hier auch mein Schlußsatz sein!

Vielen Dank und Ciao

Chris

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